GAG224: Die Balmis-Expedition und eine kurze Geschichte der Pockenimpfung
Wir springen an den Anfang des 19. Jahrhunderts und beschäftigen uns mit der Geschichte der Pockenimpfung. Nachdem Edward Jenner die Impfung gegen eine der tödlichsten Krankheiten der Menschheitsgeschichte 1798 entwickelt, verbreitet sich das Wissen um die Impfung rasch in großen Teilen der Welt. Und der spanische König Karl IV. ordnet an, dass die Menschen in Spanien und den Kolonien in den Amerikas geimpft werden sollten. Und so startet 1803 die erste große (fast weltweite) Impfaktion der Geschichte: die Balmis-Expedition oder die Real Expedición Filantrópica de la Vacuna.
Und das Expeditionsteam um die beiden Ärzte Francisco Javier Balmis und José Salvany musste erst einmal ein Problem lösen: Wie den Impfstoff, der seine Wirkung nach ungefähr 10 Tagen verliert, über den Atlantik bringen?
Das Episodenbild zeigt die María Pita, das Schiff, mit dem die Expedition 1803 von La Coruña aus gestartet ist.
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Interessante Folge. Der Virus der später zur Vaccination verwendet wurde ist übrigens nicht Kuhpocken Virus, sondern der Vaccina Virus. Das wurde 1939 festgestellt und mit den Gen Analysen später bestätigt. Allerdings ist unbekannt woher der Virus kommt und was sein ursprünglicher Wirt war.
Alle drei Viren sind aber verwandte Viren, weswegen die Impfung funktioniert. Die Frage ist halt ab wann der Vaccina Virus im 19jhdt verwendet wurde bzw. ob bereits Jenner den hatte.
Ja, super, danke für die Ergänzung! Ich habe das noch in der Vorbereitung gelesen, aber dann nicht weiterverfolgt.
Das war heute definitiv mal wieder eine sehr gute Folge. Informativ und spannend! Und die Nachbetrachtung in Richtung Impfpflicht ist wegweisend. Großes Kino. Weiter so..
Übrigens… 1980 war nicht vor 20 Jahren, sondern vor 40. ^ ^
Gefühlt ist es erst 20 Jahre her 😉
Es geht also auch ohne Tierversuche!
😉
Goethe beschreibt die Impfung 1811 in „Dichtung und Wahrheit“, projiziert sie aber in seine eigene Kindheit so um 1755 herum. Gab es für die Impfung da schon einen Vorläufer oder hat er sich das eingebildet?
Goethe: „Die Einimpfung derselben [Pocken] ward bei uns noch immer für sehr problematisch angesehen, und ob sie gleich populäre Schriftsteller schon faßlich und eindringlich empfohlen, so zauderten doch die deutschen Ärzte mit einer Operation, welche der Natur vorzugreifen schien. Spekulierende Engländer kamen daher aufs feste Land und impften, gegen ein ansehnliches Honorar, die Kinder solcher Personen, die sie wohlhabend und frei von Vorurteil fanden. Die Mehrzahl jedoch war noch immer dem alten Unheil ausgesetzt; die Krankheit wütete durch die Familien, tötete und entstellte viele Kinder, und wenige Eltern wagten es, nach einem Mittel zu greifen, dessen wahrscheinliche Hilfe doch schon durch den Erfolg mannigfaltig bestätigt war.“
Die Variolation war schon lange bekannt, laut Wikipedia seit ca. 1000 v.Chr. in Indien. Lady Mary Wortley Montagu brachte dieses Wissen 1721 nach England, wo die Methode in den „besseren Kreisen“ schnell modern wurde.
Aufgrund der Risiken bei der Variolation war dies wohl eine der seltenen Perioden wo es besser war, arm zu sein. 😉
Tolle Folge. Vielen Dank!
Zwei Fragen dazu:
– wäre es nicht einfacher gewesen, den Impfstoff vor Ort neu zu gewinnen, als ihn über so große Strecken zu transportieren. Die Methode der Gewinnung wurde nicht geheim gehaltenen oder gab es da geschäftliche Interessen oder was könnte da der Grund gewesen sein?
– geht in Richtung Ethik: um die Wirksamkeit zu testen, mussten wohl immer wieder Kinder nach der Impfung infiziert werden, nicht nur beim ursprünglichen Experiment. zB bei der Frage, wie weit reicht die Kette bei Mensch zu Mensch Übertragung des Impfstoffes. Wurde da tatsächlich so lange experimentiert bis die Kinder wieder anfingen zu sterben? Gibt es dazu Aufzeichnungen?
Danke!
Danke für dein Feedback!
Den Impfstoff vor Ort zu gewinnen, war nicht möglich, weil Kuhpocken nur in Europa bekannt waren.
Was die zweite Frage betrifft, habe ich es so verstanden, dass Jenner in seiner Studie 5 Personen nacheinander infiziert und jedesmal testet, ob die Personen gegen die Pocken immun sind. Danach gab es noch weitere Studien, aber sie sind dann davon ausgegangen, dass die Kette der Mensch zu Mensch-Übertragungen dauerhaft funktioniert.
Hallo,
danke für die sehr lehrreiche Folge!
Ich habe mich gefragt, was es technisch bedeutet, dass die Pocken ausgerottet sind: Heißt das, es wird nicht mehr geimpft (weil nicht mehr existent) oder schon geimpft und es ist kein Krankheitsfall bekannt?
Danke und
Grüße aus Graz
Beides. Also es ist kein Krankheitsfall bekannt und es wird nicht mehr geimpft. Es gibt aber immer mal wieder die Forderung, dass die Pockenimpfung wieder aufgenommen werden sollte.
Sehr schöne Folge. Die ersten Versuche an unwissenden Kindern sind ja echt ziemlich fies.
Das sie Weisenkinder auf der Überfahrt verwendet haben habt ihr ja kritisch gesehen. Ich finde das aber eher unkritisch, die haben ja nur die selbe Impfung beklommen wie alle anderen auch. Oder hab ich da was falsch verstanden?
Die Windpocken, welches fast jedes Kind einmal bekommt, heissen bei uns auch Schafblattern. Ist der Grund dafür darin zu suchen, daß – ähnlich wie bei den Kuhpocken – das Virus von Schafen auf den Menschen übergesprungen ist? In Zeiten von COVID-19 und der Suche nach einem (Lebend-)Impfstoff sicherlich eine interessante Frage, oder?
… aktuell wie nie…
Übrigens, habe gerade eben in der Dlf-Audiothek gehört: es gab schon auch vorher Impfungen gegen die Pocken (sogenannte Variolation: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Variolation ). Da habe ich mich doch gleich an diese ZS/GAG-Folge erinnert. Finde ich eine gute Ergänzung zu eurer sehr guten Folge!
Grünstreifen | Vergessene Impfgeschichte | Versklavte Menschen brachten Wissen aus Afrika nach Nordamerika
https://srv.deutschlandradio.de/dlf-audiothek-audio-teilen.3265.de.html?mdm:audio_id=890364
Disclaimer: ich habe mir die Folge nicht noch einmal angehört, aber ich kann mich nach dem Jahr zumindest nicht daran erinnern, dass das erwähnt wurde.
Gratulation zu dieser Episode!
Die Pockenimpfung war meines Wissens nach die erste und einzige Impfung wo es in manchen Ländern per Gesetz eine Impfpflicht gab. Es ist schon erstaunlich, dass sich diese Angst bis in Covid-19 Zeiten hält.
Vielleicht könnt ihr in einer aktuellen Episode kurz auf eure Virus und Impfung Episoden (Spanische Grippe) hinweisen, ich glaube, das täte der allgemeinen Covid-19 Diskussion in unserer Gesellschaft gut.
Eine sehr spannende Folge! Vielen Dank dafür.
Allerdings habe ich den Querverweis zu Folge 73 mit der Krankengeschichte Ludwigs XIV. vermisst. Richard erzählt darin davon, dass Ludwig XIV. als Kind die Pocken hatte und durch einen Aderlass so geschwächt wurde, dass er erst wieder das Bewusstsein erlangte als ihm sein Lieblingspony ans Bett gebracht wurde.
Merci für die tollen Geschichten! Ein kleiner Hinweis: französische Namen auszusprechen ist echt schwierig. Falls Ihr Unterstützung braucht, meldet euch. Ich helfe gern. Jetzt, wo der Name Leclercq beziehungsweise Leclerc nach einiger Zeit zum zweiten Mal verwendet wurde, lohnt sich mein Hinweis: Das cq beziehungsweise das c werden nicht ausgesprochen.
A la prochaine.
Hättet ihr gedacht, was nichtmal 2 Monate nach Veröffentlichung der Folge passiert?
Was für ein Zufall, dass die Folge kaum out ist und nur wenig später die Pandemie ausgerufen wird! Geht impfen Leute!
ORF News vom 31.7.2021:
VAKZINE FÜR ÜBERSEE
Die Kinder hinter der Balmis-Impfexpedition
Im spanischen Sevilla erinnert derzeit eine Ausstellung an eine vor rund 200 Jahren erfolgte Episode der Medizingeschichte, der im Kampf gegen die damals weltweit grassierende Pockenepidemie ein nicht unwesentlicher Beitrag zugeschrieben wird. Die Rede ist von der Königlichen philantropischen Impfstoffexpedition (Real Expedicion Filantropica de la Vacuna) – und aus den erstmals ausgestellten Dokumenten gehen nun etwa die Namen der bei der Expedition in einer Schlüsselrolle beteiligten Kinder hervor.
ORF News vom 31.7.2021:
VAKZINE FÜR ÜBERSEE
Die Kinder hinter der Balmis-Impfexpedition
Im spanischen Sevilla erinnert derzeit eine Ausstellung an eine vor rund 200 Jahren erfolgte Episode der Medizingeschichte, der im Kampf gegen die damals weltweit grassierende Pockenepidemie ein nicht unwesentlicher Beitrag zugeschrieben wird. Die Rede ist von der Königlichen philantropischen Impfstoffexpedition (Real Expedicion Filantropica de la Vacuna) – und aus den erstmals ausgestellten Dokumenten gehen nun etwa die Namen der bei der Expedition in einer Schlüsselrolle beteiligten Kinder hervor.
Bin hier über eine Folge des SRF Podcasts „Zeitblende“ gestolpert, die mir eine spannende Ergänzung zu dieser Folge scheint. Es geht unter anderem v.a. um die Krankenschwester an Bord der Expedition:
https://www.srf.ch/audio/zeitblende/isabel-zendal-und-der-kampf-gegen-die-pocken?id=11969021
Hallo!
Kann mir jemand gute Literatur über die Balmis-Expedition und die Pocken in Südamerika, inbesondere mit guten historischen Quellen, empfehlen? Danke!
Ich höre täglich, um die Folgen aufzuholen. Jetzt bin ich also in 2020 angekommen. Letzte Folge der Hinweis „hoffentlich bleiben wir gesund“. Heute dann eine Folge über Impfungen…
Gänsehaut!