GAG473: Die Erfindung der Lochkarte

Mit Karten, in die Löcher gezwickt wurden, lassen sich Maschinen automatisch steuern: Etwa die Webstühle des französischen Erfinders Joseph-Marie Jacquard. Was die Textilindustrie revolutionierte, inspirierte den Ingenieur Herman Hollerith. Der Sohn Pfälzer Auswanderer legte in den 1880er-Jahren die Grundlagen der modernen Datenverarbeitung. Den Durchbruch erlangten die Tabelliermaschinen samt Lochkarten kurze Zeit später bei der US-Volkszählung 1890.

Wir sprechen in der Folge über Webstühle und warum sie sich mit Lochkarten steuern lassen. Außerdem geht es um das Leben von Herman Hollerith, die Anfänge von IBM und warum Lochkarten nach Erfindung von Computern das Mittel der Wahl zur Programmeingabe und Datenspeicherung waren.

Literatur

  • Geoffrey D. Austrian: Herman Hollerith. Forgotten Giant of Information Processing, 1982.
  • Lars Heide: Punched-Card Systems and the Early Information Explosion, 2009.

Erwähnte Folgen

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21 Replies to “GAG473: Die Erfindung der Lochkarte”

  1. Wieland

    In Lustenau (evtl in ganz Vorarlberg) war in den 1970er und 80er der Beruf des „Ponschar“ noch alive.

    Noch besser: Die Abfälle der Lochmaschine dienten uns als Konfetti im Fasching. In Lustenau heißen sie bis heute „Ponscharli“.

    Sie waren natürlich einfärbig und relativ hart, dh mit einer Handvoll Ponscharli hart geworfen konnte man auf kurze Distanz durchaus weniger lustige Effekte erzielen.

  2. Beat Zahno

    Folge zu Lochkarten.

    Meine lieben Historiker, bei dieser Gelegenheit möchte ich euch für die interessanten Geschichten danken.

    Wurde die Drehorgel schon bald nach der Erfindung des automatisierten Webstuhles erfunden? Die Anwendung ist ja sehr ähnlich.
    Liebe Grüsse aus der Schweiz
    Beat Zahno

  3. Tobias

    Ich kann den Besuch im Computermuseum in Paderborn sehr empfehlen. Dort gibt es auf 2 Etagen viele interessante Dinge zu entdecken.

    Die erste Etage zeigt die Entwicklung bis zur Erfindung des Transistors, die 2. Etage alle Dinge danach.

    Es gibt im übrigen auch einen Nachbau des Schachtürken, wer sich diesen gerne mal in Live anschauen möchte.

  4. Sebastian Brauner

    Hallo,
    ein Querverweis ist euch entgangen, Paderborn kennt ihr beide schon, dort kam es Lärm um ein schwarzes Getränk, GAG108 aus dem späten Frühwerk.
    An der Universität Paderborn wurden übrigens bis über das Jahr 2015 verwendet, als Lesezeichen, weil die Universität angeblich Lochkarten damals für die Zukunft hielt und direkt einen großzügig bemessenen Vortrag gekauft hat.
    Auf ein Wiederhören
    Ein Paderborner

  5. Christian

    Sehr tolle Folge. Danke!

    Ich hatte als Kind der 80er in der DDR übrigens selbst noch Kontakt zu Lochkarten. Meine Mutter hatte in der einem Lohnrechenbüro gearbeitet, ein auch von euch in der Folge erwähnter Anwendungsfall. Ich glaube zwar nicht, dass die Lochkarten noch im täglichen Einsatz waren, standen aber (vermutlich als Archiv) griffbereit in Kisten in den Schränken. Natürlich waren auch die zugehörigen Lesegeräte vorhanden und Betriebsbereit.

    Was hingegen ganz alltäglich im Einsatz war, waren die technischen Nachfolger der Lochkarten: die Lochstreifen – praktisch eine Endlos-Lochkarte, welche dann aber nicht mehr die Zahlen direkt gelocht hatte, sondern als Binär-Code (ein Loch = 1 Bit, eine Lochreihe = 1 Byte).

    Wenn ich an einem schulfreien Tag mit im Büro meiner Mutter war, bekam ich immer eine Rolle Lochband und durfte die dann an einer elektrischen Schreibmaschine mit elektronischem Stanzer vollschreiben. Bei bis zu 300m Band pro Rolle war ich eine Weile beschäftigt und meine Mutter konnte in Ruhe arbeiten. ;D

  6. Helge aus Berlin

    Danke für den schönen Podcast.

    Einen weiteren Lochkarteneinfluss will ich berichten.

    Wärend meines Studium lernte ich das Vorläuferprogram von Excel kennen. Dies hieß „Multiplan“ . Uns wurde seinerzeit. beigebracht hat maximal 80 Spalten weil die Lochkarte auch nur soviel hätte 🙂

    In Berlin war es noch sehr lange üblich, wenn man einen Antrag auf eine Monatskarte für den Öpnv stellte, dass dies ein Antrag war in Form einer Lochkarte. Markantes zeichen war auch dass die Linke obere Ecke abgeschnitten war.

  7. Hasko

    Das Fahrkartenzwicken mit Fahrtdaten gibt’s heute noch, z.B. in denn moderneren Bussen in Cebu City auf den Philippinen. (In den älteren Jeepneys reicht man dagegen einfach dass Geld nach vorne.)

  8. Andreas Walker

    Ich bin erst in den 2010er Jahren in die IT gekommen. Trotzdem habe ich das Erbe der Lochkarten noch mitbekommen:
    Die Hotel-Kette, für die ich die Standort-IT leiten durfte, nutzte für das zentrale Buchungssystem ein AS400 (IBM System i) Mainframe. Die Software war in COBOL/400 geschrieben. Das Kodierschema dieser Programmiersprache ist für 80 Spaltige Lochkarten optimiert. Eine weitere Besonderheit von COBOL ist, dass es „caseinsensitive“ ist. Es unterstützt bloss Grossschreibung. Deshalb musste man nach dem Import aus dem Zentralen Buchungssystem meistens die Buchung im lokalen PMS nochmals manuell anpassen…
    Obwohl solche Mainfraime-Systeme eigentlich Dinosaurier-Status haben laufe ich ihnen im Alltag immer wieder über den Weg. Die zugehörige Hardware von IBM wird auch immer noch gepflegt. Eigentlich erstaunlich wie langlebig Informatik sein kann.

  9. Andreas Walker

    Noch ein weiterer Funfact.
    Das Wort „Patch“ für ein Problembehebungs-Update kommt davon, dass man bei frühen Lochkarten-Programmen fehlerhafte Teile auf den Lochkarten mit einem „Patch“ überklebt hat.

  10. Gerd

    Daniel,

    Mal wieder eine sensationelle Folge mit hervorragender Einleitung. Ich hab mir extra einen Nachmittag freigehalten, um diese Folge konzentriert hören zu können.
    Ich habe lange ein einer technischen Monofilamentweberei gearbeitet. Aufgrund der speziellen Garneigenschafften können diese am besten mit etwas älteren Webmaschinen verwoben werden. Und, diese werden alle über Lochkarten gesteuert! Und zwar genauso, wie Du den Webprozess beschreibst. Allerdings waren die Lochkarten auf unseren Maschinen geschlossenen Bänder, so dass sich die „Muster“ des Gewebes endlos wiederholten.

    Sprich, die Lochkarten mögen aus Deinem und Richards Leben verschwunden sein; meines haben sie zwölf Jahre geprägt.

    Danke.
    Gerd

  11. Sascha

    Da sitzt man nichtsahnend in der
    Bahn und dann hört man zwei wohlbekannte Worte. Großfischlingen Iund Landau. Und jetzt ratet mal wohin ich unterwegs bin. Richtig nach Landau, weil ich da wohne 😯.

    Und über Kleinfischlingen hab ich diesen Sommer für ein Internetprojekt geschrieben.

    Aber Hollerith kannten weder meine Frau noch ich, obwohl sie IT-Nerd ist.

    Sehr schöne Folge, danke

  12. Uwe

    Sehr schöne Folge, habe sie noch selbst erlebt. Wir mussten Pascal programmieren und dafür den Code auf Lochkarten schreiben, das Bündel dann abgeben und konnten dann am Folgetag das Ergebnis abholen. Das war ca. 1987 an der TU Dresden.

    Ihr hattet es auch erwähnt, als Zimmerschlüssel wurden auch solche Systeme benutzt. Voriges Jahr noch gesehen als Kabinenschlüssel auf einer Fähre von Ancona (Italien) nach Patras (Griechenland).

  13. Mithrandir

    Na und erinnert sich keiner mehr an die Discozeit. Zumindest in den 90ern war es üblich am Eingang eine Karte zu bekommen auf der DM(!) Beträge aufgedruckt waren.. Auf der wurde für jedes Getränke der Betrag „gelocht“. Und am ENde gab man die Karte ab, sie wurde in einen Leser geschoben, der dann den Betrag ausgab, den man verkonsumiert hatte

  14. Elke

    Hallo ihr beiden,
    Interessante Folge wobei ich die technischen Themen sowieso bevorzuge.
    Als ich in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts meine Ausbildung zur DV-Kauffrau machte, sind mir im Rechenzentrum meines damaligen Betriebs noch Anwendungen mit Lochkarten und Lochstreifen begegnet.
    VG von Elke

  15. Katrin Bartels

    Hallo ihr beiden
    Danke für die wunderbare Folge.
    Eine Ergänzung scheint noch nicht eingegangen zu sein: das Steuern des Webvorgangs mit Lochkarten ist viel älter: für die Bandweberei wurden Webbrettchen gemäss Wikipedia ab dem 3. Jahrtausend verwendet. Bei uns gibt es im Frühmittelalter zahlreiche Funde aus Knochen. Auf Mittelalterbasaren wird die Technik des Brettchenwebens gerne dem Publikum gezeigt.
    Herzliche Grüsse aus Basel von Katrin

  16. Erich Unteregelsbacher

    Ich habe in 1999 einen Freund in Indien besucht. Er hat eine Weberei geerbt. In dieser
    Weberei hatten sie noch Jacquard-Webstühle in Betrieb. Habe einige Fotos davon.

  17. Stefan

    Hoffentlich kommt die Millionenfrage erst, nachdem ihr diesen Kommentar gelesen habt 🙂

    Der Erfinder der Programmiersprache C war Dennis Ritchie (später zusammen mit Brian W. Kernighan standardisiert). Bjarne Stroustrup ist der Erfinder von C++… das kam erst einige Jahr später.

  18. Grueni

    Bin 62 und in der Grundschulzeit gabs bei uns zu Hause lochkarten als Schmierzettel. Bin nicht sicher ob die von meinem Vater (arbeitete bei der DLR) oder meiner Mutter(Bibliothekarin) mitgebracht wurden, war in jedem Fall irgendwo noch im Einsatz…

    Andere „spannende“ Nummer ist der Einsatz der Lochkarten Systeme von den Nazis in der KZ Verwaltung, ein schwarzer Fleck auf der Weste von IBM, die wohl auch während des WW II weiter mit den Nazis zusammengearbeitet hat.

  19. Christian

    Ganz interessant! Lustig ist nur, dass ihr praktisch genau das erzählt, was wir seit Jahren bei unseren Führungen und Vorführungen auch erzählen. Im Gegensatz zum HNF, das kein Computermuseum, sondern nur eine große Ausstellung ist, laufen bei uns die Sachen 😉

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