GAG429: Der Eimerkrieg
Wir springen in dieser Folge ins Italien des Mittelalters. Genauer ist es der November des Jahres 1325, als der Diebstahl eines Eimers einen Krieg zwischen den mächtigen Städten Bologna und Modena auslöst. Zumindest wird das so im Laufe der nächsten Jahrhunderte vermittelt.
Tatsächlich ist die Sache viel komplexer, und wir werden uns in dieser Folge damit beschäftigen, wie es zu jenem Krieg, der heute als Eimerkrieg bezeichnet wird, kommen konnte.
Literatur
- Anthony Molho. City-States in Classical Antiquity and Medieval Italy. University of Michigan Press, 1992.
- Elke Goez. Geschichte Italiens im Mittelalter. Primus Verlag, 2010.
- Peter Linehan und Janet L. Nelson. The Medieval World, 2006.
Das Episodenbild zeigt die beiden berühmten Geschlechtertürme Bolognas.
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Dieser Hinweis von Daniel, dass er den „wahren“ Julia-Balkon in Verona gesehen habe, ist doch ne Falle … :-)?! Das ist die Hälfte eines Sarkophags, den die Veronesen angepappt haben, um endlich ihre Ruhe zu haben vor den Nachfragen, wo das Ding denn nun zu finden sei …
Bei einer Stadtführung in Verona hab ich mir sagen lassen, dass der Balkon irgendwann von einem Bürgermeister errichtet wurde, um der international populären Shakespeare-Geschichte einen fiktiven, aber echt anmutenden „geschichtlichen Hintergrund“ zu geben und damit auch die Bedeutung der Stadt zu betonen. Das tut aber bis heute dem Rummel um diesen Balkon nicht weh.
Herrlich, “endlich” wieder Mittelalter. Danke, auch für die schönen Zusammenhänge.
Vielleicht interessiert es einige. In Bologna wurde auch die Grundlage der juristischen Schreibstile begründet. Ich durfte während meines Studiums beim – von mir hochgeschätzen – Michael Mitterauer eine Seminararbeit zu “Die Ars dictandi und Ars dictamini in Bologna des 11. und 12. Jahrhunderts” schreiben. Spannend, dass zu diesem Thema zwar einige Artikel und Bücher gab, aber alle am Ende auf ein dünnest Buch aus dem 19. Jahrhundert verwiesen haben (und dies war nur per Fernleihe erhältlich, die wegen eines damaligen Poststreiks mir das Büchlein nach 6 Wochen endlich zustellte).
und ja, Modena ist natürlich wegen des Balsamicos berühmt, aber auch, weil Enzo Ferrari dort mal begonnen hatte Autos zu bauen.
Noch was zu Modena: Das Fürstengeschlecht der Gonzagas hat in Modena-Ferrara die besten Pferde der Frühen Neuzeit gegründet. Ich nehme an, das Logo beruft sich irgendwo auf die Gonzaga-Gäule.
Aussprache Legnano: Im Italienischen wird die Kombination „gn“ als „nj“ ausgesprochen. Übrigens gibt es in San Gimignano (schon wieder „gn“) einen wahren Wald an Geschlechtertürmen.
Hallo Barbara, genau auf San Gimignano wollte ich auch hinweisen. Wir waren 2022 dort und ich hatte bei der Podcast-Passage mit den Geschlechtertürmen ständig die Bilder von diesem Urlaub im Kopf 🙂
Tolle Folge!
Kleiner Zusatz: Aus dieser Entwicklung ging das hervor, was man in Italien “Campanilismo” nennt. Es beschreibt den übertriebenen Lokalpatriotismus, der nicht weiter reicht als der eigene Glockenturm zu sehen ist.
Zusatz für Verona-Reisende: Wer den Innenhof mit der Julia Statue und den Balkon mal ohne die Heerscharen an drängelnden Touris, eventuell mit einem Glas Sekt ganz romantisch genießen möchte, sollte sich im Giulietta&Romeo Hotel einmieten. Ich habe schon 2 x dort ein Wochenende verbracht. Ist recht schick mit toller Einrichtung und gar nicht mal so teuer.
Wenn ein Wort ins italienische übersetzt wird, nennt man das “ItaliAnisierung”. Man kann aber auch “Italienisierung” sagen. Ghibellinen ist also die Italianisierung oder Italienisierung von Waiblingen.
Zum Thema Geschlechtertürme: Die toskanische Stadt San Gimignano gilt gerade wegen der 15 erhaltenen Geschlechtertürme als „Mittelalterliches Manhattan“. Auch wenn heute 15 nach sehr viel klingt. Es ist nur ein sehr kleiner Bruchteil der ursprünglichen 72 Türme.
Spannende Geschichte! Unglaublich wie viele Zusammenhänge es dort wieder gibt. Muss mir die Folge noch ein zwei mal anhören, damit mein Gehirn alles verarbeitet bekommt.
Zu dem Einfall Barbarossas in Mailand kann ich folgendes beitragen: Ich habe vor einiger Zeit im Landesmuseum Mainz gearbeitet, wo die Landesausstellung „Die Kaiser und die Säulen ihrer Macht“ gezeigt wurde. In dem Zuge wurden auch zwei Reliefs aus Mailand (ehem. aus der Porta Romana und Porta Tosa) aufgestellt, die Barbarossa und sein Frau zeigen sollen. Diese beiden Spottreliefs stellen die beiden in unangenehmer Weise dar; zum einen Barbarossa, der sehr weiblich und schamhaft seine Beine übereinanderschlägt und dabei sehr unmännlich wirkt und zum anderen Beatrix, die ihren Rock hebt und ihre Schamhaar rasiert. Diese Reliefs sollen, nachdem Barbarossa Mailand geplündert und zerstört hat, an den Stadttoren Mailands aufgehangen worden sein, um ihn zu verspotten. Es ist wohl nicht ganz klar, ob es stimmt bzw. es gibt auch ein paar andere Interpretationen dazu, aber immer, wenn ich den Dreikönigsschrein in Köln sehe muss ich unweigerlich auch an diese Darstellungen denken.
Hier noch ein Foto der beiden Reliefs: https://www.kaiser2020online.de/de/sektion-41/
Vielen Dank für eure großartigen und vielfältigen Geschichten! Ich freue mich immer darüber, wenn irgendwo ein Stichwort zu einer Geschichte fällt und ich durch euren Podcast etwas damit verbinden kann. Und das tolle ist: Es wird immer mehr verwoben! Euer Flickerlteppich wird langsam aber sicher zum Teppich von Bayeux 😉
Aussprache 🫣 Legnano => „Lenjano“, wie Bologna => „Bolonja“
Neues von Aussprache-Polizei: Pavia wird Pavía ausgesprochen – nicht Pávia.
Das ist die dritte Folge nach der ich mir vertiefennde Literatur zum Thema gekauft habe ( in diesem Fall dac aus den Shownotes das auch in der Folge wiederholt erwähnt wird.
Will sagen: tolle folge. Hat Spaß gemacht.
Wieder mal eine tolle Folge! Ich habe meinen Master in Bologna gemacht und mich hat es natürlich besonders gefreut, dass Bologna so ein großes Thema in dieser Folge war – auch wenn ich vom Eimerkrieg noch nichts gehört hatte.
Hier noch ein Fun-Fact zu den beiden Türmen: Den größeren und weniger schiefen Turm, Asinelli, kann man besichtigen – als Studierende Person allerdings erst nachdem man sein Studium beendet hat, sonst wird man dem Aberglauben nach sein Studium niemals beenden. 😀
Übrigens hat Bologna auch drei Spitznamen: La Grassa (die Fette – wegen des guten Essens), la Dotta (die Gelehrte – wegen der Universität) und la Rossa (die Rote – wegen der roten Häuser und Dächer und der politischen Gesinnung).
Auf jeden Fall kann ich einen Besuch der Stadt sehr empfehlen!
Die Eimer(ein)würfe von Daniel waren das Sahnehäubchen auf dieser feinen Folge 😂
Eure letzten beiden Folgen waren super.
Hab ich euch eigentlich wirklich gerade in einer Fernsehwerbung gesehen? WTF!!
Wusstet ihr eigentlich, dass man euch auch über Audible hören kann? Soweit ich weiss habt ihr das noch nie erwähnt.
Jetzt falle ich aber bald vom Glauben ab. Ich bin ganz, ganz oft bereit anzuerkennen, dass der Eine noch nie von einer obskuren Sache, die der Andere erzählt, gehört hat. Geht uns ja genauso, darum ggeht es ja.
Aber „Hast Du schonmal was von den Guelfen gehört?“ sollte vielleicht ein kleines Erkenntnislicht im Geist des Gefragten anzünden.
Hoffentlich kommt Virgil nicht als Geist der Weihnacht zu Daniel, um die Wissenslücke aufzuarbeiten.
Da die Aussprachepolizei hier schon ein paar mal aufgetaucht ist, nochmal was grundsätzliches im Italienischen: “ue” wird auch “ue” ausgesprochen, das “u” fällt nicht wie im Spanischen aus. Also werden die Guelfen auch “Guelfen” ausgesprochen und nicht “Gelfen”. Möchte man “Gelfen” auf Italienisch haben, müsste man “Ghelfen” bzw. “Ghelfi” schreiben. Genauso ist das bei “ui”, weswegen man den Vogel auch “pinguino” ausspricht und nicht “pingino”. Daher muss man bei den Ghibellinen auch ein “h” einfügen, um “Gibellini” zu sagen und nicht “Dschibellini”. D.h. Richard spricht Ghibellinen richtig aus, bei den Guelfen müsste er die Aussprache adaptieren.