GAG403: Maxentius – Der letzte Kaiser in Rom
Im Jahr 312 kommt es im Norden Roms, an der Milvischen Brücke, zu einer Schlacht, die die Geschichte des Reichs in den nächsten Jahrhunderten maßgeblich prägt: Maxentius, der letzte Kaiser in Rom, ertrinkt im Tiber und ist damit der erste Feldherr, der im Zeichen des christlichen Kreuzes besiegt wird. Denn sein Gegner ist Konstantin, der damit die Kontrolle über den westlichen Teil des Römischen Imperiums unter seine Kontrolle bringt und als der erste christliche Kaiser in die Geschichte eingeht.
Wir sprechen in der Folge über den Versuch Diokletians, mit Hilfe der Tetrarchie die Zeit der Soldatenkaiser zu überwinden, warum diese Herrschaftsform so ungewöhnlich war und wieso Maxentius nie als legitimer Kaiser anerkannt wurde.
Literatur
Hartmut Leppin, Hauke Ziemssen: Maxentius: Der letzte Kaiser in Rom, 2007.
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zum Einzug Konstantins in Rom gab/gibt es ein Riesenpanorama von Yadegar Asisi.
https://www.asisi.de/panorama/rom-312
Ich mag euren Podcast sehr und habe alle Folgen gehört.
Die Folge 403 hat mich jedoch sehr verwundert, da sie inhaltlich zu sehr großen Teilen identisch ist mit der Folge AM1 im Podcast ANNO MUNDI.
Eine solch relevante „Überschneidung“ zwischen 2 Podcasts ist mir bisher nicht untergekommen.
Auf Anno Mundi bin ich durch eure Jubiläumsfolge 400 und den dortigen Gast aufmerksam geworden.
Eine super Folge über ein eigentlich klassisches Thema, das mir in groben Zügen bekannt war, was aber besonders durch den Fokus auf Maxentius anstelle von Constantin eine interessante Note bekam. Vor allem auch der Aspekt, dass er der quasi letzte „Kaiser“ (oder Usurpator) mit Rom als Hauptstadt war. Die Maxentiusbasilika ist mir zum Glück bei meinem Rombesuch in diesem Zusammenhang schon aufgefallen ebenso kann die Milvische Brücke (zumindest die heute an dieser Stelle bestehende) bei einem Rombesuch besichtigt werden.
Generell freue ich mich über jede Folge aus der etwas älteren Geschichte (vor dem 19. Jahrhundert), da diese „zeitliche Entrücktheit“ auch etwas den Reiz von Geschichte ausmacht. Wie ihr im Podcast richtig erwähnt, ist gerade die Spätantike sowie das Frühmittelalter eine besonders richtungsweisende und zugleich „geheimnisvolle“ Zeit.
Übergangs- und Umbruchszeiten haben es einfach in sich.
Eine kleine Anmerkung zur späten Hauptstadt im weströmischen Reich: Diese ist im ganz späten Reich (5. Jahrhundert) wie ihr richtig erwähnt Ravenna, davor aber eher Mailand (insbesondere im 4. Jahrhundert, wo diese Geschichte spielt). Soweit es feste Kaisersitze im Westen gab, müsste man also von der Abfolge Rom – Mailand – Ravenna sprechen. Ravenna war ja dann auch noch unter Theoderich dem Großen Hauptstadt und spielte auch noch nach Justinians Eroberung eine wichtige Rolle (diese ganze Entwicklung vom späten Kaiserreich über die Goten bis zu Justinian lässt sich wie kaum woanders schön anhand der vielen Kirchen und Mosaike in Ravenna nachvollziehen)
PS.: Auf den interessanten Podcast „Anno Mundi“ bin ich wie Helmut auch über Euch aufmerksam geworden.
Ich möchte mich den Gratulationen zu eurer gelungenen Folge anschließen und insbesondere lobend hervorheben, dass ihr die Quellenkritik stets ernst nehmt. Ich finde, es kommt in der Folge ganz deutlich heraus, dass man vorsichtig sein muss, wenn man Maxentius (gemäß der [christlichen] literarischen Tradition) verurteilt und Konstantin in den Himmel preist, obwohl dieser ebenso als Usurpator angefangen hat, der ebenso zahlreiche Menschenleben geopfert hat, um zum Alleinherrscher aufzusteigen.
Einige (hoffentlich) interessante Details zur Folge möchte ich gerne beitragen, die ich in meinem Lehramtsstudium (Fach Latein) im Zuge einer Vorlesung zur Spätantike und Patristik erfahren habe:
1.) Daniel erwähnt ganz richtig, dass die Lebensmittelversorgung ein wichtiges Privilegium der Stadt Rom war. Überhaupt geht man davon aus, dass Rom (wie auch später Konstantinopel) nur deshalb lebensfähig waren, weil der Staat Lebensmittel an die Bevölkerung verteilte. Immerhin hat Rom um 400 immer noch eine halbe Millionen Einwohner:innen! Schätzungen zufolge machte alleine die Lebensmittelversorgung Roms, welche man ANNONA nannte, ein Viertel des Staatsbudgets aus. Konstantinopel verliert übrigens um 618 das Recht auf die kostenlose Lebensmittelversorgung, mit dramatischen Folgen für die Bevölkerung: Deren Zahl sinkt relativ rasch rapide von 400.000 auf nur mehr 40.000 – 70.000.
2.) Die Reformen Diokletians im römischen Staat haben sich meiner Meinung nach eine eigene Folge verdient. Man denke nur an sein Höchstpreis-Edikt (edictum de praetiis rerum venalium), in dem er für die wichtigsten Handelsgüter Preisdeckel beschließt. Generell sind seine Versuche einer Wirtschaftspolitik interessant, wenn man bedenkt, dass er die Wirtschaft auf Naturalabgaben (sogenannte indictiones) umstellt und er den Städten sogar vorschreibt, wie sie nach dem Prinzip capitatio – iugatio Steuern einzuheben haben. Auch seine numismatischen Reformen wie die Einführung des denarius communis sind bemerkenswert.
3.) Konstantin der Große gilt als der erst christliche Kaiser, wie Daniel ganz richtig besprochen hat. Taufen ließ er sich allerdings erst am Totenbett, und zwar vom Bischof Eusebios von Nikomedia. Konstantin hat übrigens die längst-regierende Dynastie des römischen Kaisertums vor dem Mittelalter begründet mit der sogenannten zweiten flavischen Dynastie.
4.) Das Phänomen, das Soldaten selbst einen Kaiser ausrufen, ist vor allem im 3. Jahrhundert verbreitet, tritt jedoch auch im berühmten Vierkaiserjahr 69 n. Chr. schon auf: Innerhalb dieses Jahr sterben die Kaiser Galba, Otho und Vitellius, ehe Vespasian mit seinen Legionen aus dem Osten anrückt und die erste flavische Dynastie begründet. Mit dem Begriff „Soldatenkaiser“ sollte man übrigens vorsichtig sein, da der Kaiser (bzw. in der römischen Republik die Konsuln) immer der Oberbefehlshaber über das römische Heer war (so wie auch der österreichische Bundespräsident heute, den wohl auch niemand als Soldatenpräsidenten bezeichnen würde). Jedenfalls ist der Begriff „Soldatenkaiserzeit“ darum heute umstritten.
5.) Wie wirkmächtig die Stadt Rom, mag sie auch nicht mehr die Residenzstadt gewesen sein, im 4. Jahrhundert noch war, lässt sich auch daran beobachten, dass die am 11. Mai 330 eingeweihnte Stadt Konstantinopel („Stadt des Konstantin“, aus dem Griechischen: Konstantinou polis) auch als NEA (H)ROME = „neues Rom“ bezeichnet worden ist. Diese Gewichtsverschiebung der Macht innerhalb des römischen Reichs nach Osten hat sich ja mit Diokletian schon angedeutet, der sich als Kaiser den Ostteil des Reichs als sein unmittelbares Einflussgebiet ausgesucht hat.
6.) Die Samtherrschaft zweier Augusti wird übrigens schon von Diokletians Vorgängern Carinus und Numerianus vorweggenommen.
7.) Zum Verständnis noch wichtig: Basierend auf den zwei Augusti und den zwei Caesares wurde das Reich in vier praefecturae geviertelt (praefectura Galliarum, praefectura Italiae et Africae, praefecutra Illyrici, praefectura per orientem). Allerdings herrscht jeder Kaiser auch über das Gesamtreich, was bedeutet, dass alle Amtshandlungen im Namen aller vier Herrschenden vollzogen werden.
8.) Wenn man sich fragt, warum Rom seinen Status als Residenzstadt des Kaisers verloren hat, dann kann auch ein Blick auf die zeitgenössischen Krisenherde helfen. Rom war einfach zu weit davon entfernt, um als Kaiser rasch dort eingreifen zu können. Daniel hat ja völlig korrekt berichtet, dass die Kaiser (insbesondere im 3. Jahrhundert) ständig damit beschäftigt waren, die Reichsgrenzen zu schützen. Das war ja auch ein Vorteil der Tetrachie: Mit mehreren Kaisern wollte man rascher auf regionale Bedrohungen reagieren können. Überhaupt sollte man sich klar machen, dass damit ein neues Selbstverständnis der Kaiser einhergegangen ist: Der Kaiser ist nun der Beschützer des Reichs gegenüber Einfällen und äußeren Bedrohungen, nicht mehr derjenige, der die Reichsgrenzen expandiert, wie es in den Jahrhunderten zuvor selbstverständlich war. Nicht zuletzt deshalb gilt Trajan ja bis heute als optimus princeps, weil das Reich unter seiner Regierungszeit die größte Ausdehnung erfahren hat. Ab dem 3. Jahrhundert ist an eine weitere Expansion des Reichs nicht mehr zu denken.
9.) Noch ein Detail zur Stellung der Kaiser ab Diokletian: Diokletian teilt ja die Verwaltung deutlich in einen zivilen und einen militärischen Bereich. Ersterer ist notwendig, um die neu gegründeten Präfekturen und deren Diözesen sowie deren Provinzen und deren municipia zu verwalten. Zweiterer ist aufgrund der Trennung des Heeres in eine mobile Feldarmee (die comitatenses) und in die „Wehrbauern“, die man im Grenzgebiet ansiedelte (die sogenannten limitanei), notwendig. Und wer vereinte beide Instanzen, also den zivilen und den militärischen Bereich? Richtig: die Kaiser.
10.) Der von Daniel erwähnte Sol-Kult des 3. und 4. Jahrhunderts und seine Verbindung zum Christentum begegnet durchaus auch in Märtyerakten oder -legenden: Nicht selten tritt dort ein römischer Beamter auf, der eine Christin oder einen Christen verhaftet und verhört. Stets versucht er dabei, die Verhörte oder den Verhörten vom Christentum abzubringen, indem diese(r) beispielsweise nach heidnischem Brauch Weihrauchkörner verbrennen soll. Der Beamte fordert dabei auf, dies SOLI DEO zu tun. Diese Junktur lässt sich doppelt interpretieren: entweder als „für den Gott Sol“ (SOLI als Nomen), wie es in den Märtyrerakten oder -legenden gemeint sein muss, oder aber „(Ruhm) dem einzigen Gott“ (SOLI als Adjektiv), wie es später zum Motto der Reformation wurde. Generell ist dem Christentum ja die Sonne wichtig, wenn man bedenkt, dass Kirchen geostet werden und dabei gerne der Sonnenaufgang eines gewissen Jahrestags eines Heiligen (beispielsweise des Schutzpatrons) angepeilt wird. Bekanntlich ist das Weihnachtsfest auch das Geburtstagsfest des Sol. Auch bei der Taufe sind der Sonnenaufgang bzw. -untergang wichtig, schaut doch der Täufling nach Osten, dreht dann den Kopf und spuckt dreimal gen Westen (und damit dem Teufel ins Gesicht). Zudem wird Christus selbst mit der Sonne gleichgesetzt, wenn es im Buch Malachias heißt: sol iustitiae orietur vobis. Manchen kirchlichen Vertretern wird dieser Sol-Kult aber zu viel, wie beispielsweise dem Papst Leo I., der sich in seinem Tractatus XCVII, 3-5 (eine Weihnachtspredigt!) deutlich darüber beschwert.
Ihr seht, lieber Daniel, lieber Richard, ihr habt viele interessante Themen in dieser Folge angerissen, und dafür möchte ich euch herzlich danken!
Tolle Geschichte mal wieder!
Kleiner fun-fact am Rande: „In hoc signo vinces“ war tatsächlich bis vor gar nicht allzulanger Zeit der Claim der Zigarettenmarke Pallmall.
Schöne Folge. Allerdings habe ich dann doch eine Nachfrage. Habe ich es richtig verstanden, dass Richard noch nie in Rom war? Kann ich mir eigentlich beim besten Willen nicht vorstellen. Falls dem so ist und ich es nicht missverstanden habe, sollte hier zeitnah Abhilfe geschaffen werden. Die Stadt ist unglaublich. Den Hinflug würde ich sponsoren.
Es gibt übrigens auch die Theorie, das Zeichen am Himmel, was vielleicht den Autor zu der Geschichte des „in hoc signo vinces“ inspiriert hat, wäre ein Halo gewesen, z.B.:
https://www.meinbezirk.at/liezen/c-lokales/wetter-phaenomen-im-oberen-ennstal-beobachtet_a5822059