GAG401: Amerika und die Weltkarte von Waldseemüller

Im Jahr 1507 veröffentlicht Martin Waldseemüller eine Weltkarte, die heute zu den bekanntesten kartografischen Werken überhaupt zählt. Denn auf dieser Karte wird der wiederentdeckte Kontinent auf der anderen Seite des Atlantiks zum ersten Mal „America“ genannt – zu Ehren von Amerigo Vespucci.

Die Waldseemüller-Karte gibt der Forschung aber bis heute Rätsel auf, denn der Kartograf zeichnet „America“ als freistehenden Kontinent ein und trifft den Verlauf der Westküste Südamerikas erstaunlich genau. Wie kann das sein, wo Waldseemüller in einer kleinen Stadt in den Vogesen – abseits der großen Seefahrtzentren – arbeitet, offenbar selbst nicht von seiner Darstellung überzeugt ist und die europäischen Schiffe noch gar nicht in den Pazifik vorgedrungen sind?

Literatur:
Martin Lehmann, Die Cosmographiae Introductio Matthias Ringmanns und die Weltkarte Martin Waldseemüllers aus dem Jahre 1507: ein Meilenstein frühneuzeitlicher Kartographie.

Amerika und die Waldseemüllerkarte. Der ausgedachte Kontinent, den es wirklich gab, Spektrum Geschichte 2/22

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19 Replies to “GAG401: Amerika und die Weltkarte von Waldseemüller”

  1. Peter fsc

    Erinnerung lässt sich als aktive Aneignung des Vergangenen verstehen, schreibt der Historiker Knut Görich. Auf unterhaltsame Weise nehmt ihr uns Woche für Woche mit in das Vergangene und erinnert uns daran, was die Menschheit alles schon entdeckt, gesehen, geschaffen und auch angerichtet hat. Vielen Dank für Eure großartige Beständigkeit! Nachdem es zur Jubiläumsfolge letzte Woche bereits reichlich berechtigte Wertschätzung gegeben hat, schreibe ich diese Anmerkung einfach mal unter die Episode 401. Denn ohne diese könnte es keine nächste Jubiläumsfolge geben. Dass sich die Episode einem Thema der Kartographie widmet, hat mich besonders gefreut. „Universalis cosmograpia“ hatte ich auch gleich zur Hand. Ich bin sehr gespannt, woran ihr uns in den kommenden 99 Episoden erinnern werdet.

  2. Nelson

    Hi. Ihr lasst das Befürworten eines Krieges mit mehreren hunderttausend Toten einfach so stehen?
    Ich bin mir sicher, dass es die Sklaverei so oder so nicht mehr sehr lange gegeben hätte. Das hätte man nicht mehr verargumentieren können.
    Außerdem hat sich die Situation von vielen Schwarzen nach 1865 nicht groß geändert. Sie sind im Gefängnis gelandet und dort ist bis heute Zwangsarbeit erlaubt. Dort lebt die Sklaverei weiter. Dafür „missbraucht“ man dann eben nicht mehr Schwarze, sondern „Verbrecher“.

  3. martin

    Die Bayerische Staatsbibliothek hatte sogar 1990 zwei Millionen D-Mark für den Kauf einer Waldseemüller Karte ausgegeben. Leider hatte man dann 2012 herausgefunden, dass es sich beim gekauften Objekt „nur“ um eine Kopie handelte.

  4. Melanie

    Lieber Daniel, lieber Richard,

    wieder einmal eine tolle und sehr interessante Folge, vielen Dank dafür!

    Noch eine kleine Ergänzung (ein Fun Fact sozusagen): Der portugiesische König Manuel I. hatte Papst Leo X nicht nur einen Elefanten sondern auch noch ein Nashorn geschenkt, das ist allerdings auf dem Weg nach Rom gestorben (da das Schiff, auf dem es transportiert wurde, verunglückt ist). Der berühmte Kupferstich von Dürer beruht darauf. Ich war vor 2 Jahren auf Château d’If, wo das Nashorn kurz zwischengeparkt wurde, daher musste ich gleich dran denken 🙂

    Macht weiter so!

  5. Soeren

    Hi Ihr beiden,
    auf eine so spannende und tolle Folge muss auch ich einmal ein dickes Lob schreiben. Diese Geschichte fand ich besonders gut und spannend.

    Macht bitte weiter so!

  6. Dan Richter

    Schöne Folge. Aber manchmal spielt euch euer Retro-Moralisieren einen Streich. Erst erklärt ihr ziemlich präzise, warum von den verschiedenen Projektions-Möglichkeiten die Mercator-Projektion gewählt wurde – nämlich um den Seefahrern das Navigieren zu erleichtern. Und schon wenige Sekunden später soll diese Projektion eine Ausgeburt des bösen Eurozentrismus sein.
    Ebenso geht ihr meines Erachtens ein wenig over the top mit euren Verurteilungen der europäischen Kartographen. Ja, sie wussten nicht, dass es den Pazifik nicht gibt, obwohl schon seit Jahrhunderten dort Menschen segelten und auf den Inseln wohnten. Und dennoch zeichneten sie Weltkarten. Ja, es waren die Europäer, die die Weltkarten zeichneten, da sich zu diesem Zeitpunkt eben in Europa das meiste geographische Wissen angesammelt hatte. (Man vergleiche damit etwa die chinesischen Weltkarten.) Die Polynesier befuhren zwar Teile des Pazifiks, aber hatten keinerlei Vorstellungen vom Rest der Welt.

    Auf Dauer ist diese Herablassung gegenüber den Europäern früherer Jahrhunderte etwas nervig, vor allem wenn ihr heutige Moralmaßstäbe anlegt.

    Dennoch freue ich mich jede Woche auf eine neue Folge.

    • Dominique

      Dem würde ich gern zustimmen. Ich wollte gerade Ähnliches schreiben bezüglich der Merkatorprojektion und der Moralisierung (welche ich nicht nachvollziehbar begründet fand).

      Hinweis: so wie ich das sehe, profitieren Grönland, Russland und Antarktis (ev. Noch Kanada) am meisten von der Merkatorverzerrung – ich würde vor allem in diesen Gegenden die Hintermänner dieses Komplotts suchen!!!11

      In der Folge wird noch die Arroganz der Europäer erwähnt. Die Chinesen hatten ähnlich wagemutige Entdeckungsfahrten zu dieser Zeit gemacht. Dann entschied der Kaiser, dass es nicht mehr nötig wäre aus verschiedenen Gründen. Wenn man sich die Gründe anschaut, könnte man hier auch eine gewisse Arroganz vermuten.

      Trotz dieser Kritik fand ich die Folge insgesamt großartig, sehr umfangreich, viele Gebiete streifend, top.

      • Dominique

        Hallo Anette, es geht ja nicht darum, ob man es gut findet oder nicht.

        Es gibt die Argumentation, dass die Merkatorprojektion von Europäern bevorzugt wird, weil Europa größter dargestellt wird. Das ist möglich. Allerdings wenn man sich den Größentunterschied anschaut, ist der Unterschied gering. Von daher erscheint es mindestens genauso prausibel, dass sich die Merkatorprojektion durchgesetzt hat, weil sie in der Schifffahrt vorteilhaft ist.

        Ebenso ist die erwähnte Arroganz der Europäer nicht nachvollziehbar bzw. ich sehe die Europäer als nicht arroganter als alle anderen. Alle hatten einen unbekannten Ozean irgendwann vor sich und haben versucht ihn zu überqueren. Ich kann eigentlich bei niemandem Arroganz oder Demut erkennen.

  7. Philipp

    Lieber Richard, lieber Daniel,

    super Folge von euch!
    Zwei kleine Anmerkungen von meiner Seite. Erstens es stimmt sicher, dass die Mercator-Projektion oft für eurozentrische Sichtweisen missbraucht wurde. Aber will nur anmerken, dass das wohl kein Gedankengang war den Mercator verfolgt hat, sondern wie von Daniel erwähnt hat wohl eher erfolgreich wurde weil sie praktisch für die Navigation war. Habe auch mal gehört, dass die Mercatorprojektion im kalten Krieg sehr beliebt war im Westen, da sie die Sowjetunion besonders groß und bedrohlich dargestellt hat. Habe dazu aber leider keine Quelle dazu.
    Zweitens finde ich die Globendarstellung am oberen Rand der Waldseemüllerkarte interessant. Da dort schon eindeutig der Pazifik zu erkennen ist und auch Amerika und Asien klar abgegrenzt sind, da sie auf zwei Erdhälften liegen. Finde den Gedanken aber faszinierend, dass diese riesige Halbinsel in Südostasien auf diesen Karten Südamerika darstellen könnte. Dachte immer sie überschätzen Malaysien maßlos.

    Danke nochmal für die tolle Folge!

  8. MartinH

    Super Folge – faszinierend, vielen Dank!

    Mich würde interessieren, wann denn der „richtige“ (oder annähernd richtige) Erdumfang wieder entdeckt wurde? Nach der Fahrt von Magellan/Ocana müsste man doch den Umfang korrigiert haben? Und dennoch hat Waldseemüller in den späteren Karten die Erde wieder zu klein dargestellt?

  9. Martin Lehmann

    Liebe Podcaster,

    das habt ihr wirklich hervorragend gemacht. Wenn ihr euch weiter interessiert, kann ich euch noch zwei weitere Aufsätze aus meiner Feder empfehlen, die ihr kostenfrei als pdf herunterladen könnt. Die Adressen lauten: https://doi.org/10.1080/23311983.2016.1152785 und zur Carta Marina: https://doi.org/10.1080/23311983.2020.1741983. Was die Quellenlage für die amerikanische Westküste angeht, könnten auch die Chinesen interessant sein.

  10. Adrian

    Gude in die Runde,

    den Schöner Globus gibts auch noch immer zu sehen, das Historische Museum in Frankfurt aM stellt ihn aus, ist auch anderweitig einen Besuch wert!

  11. Stephan

    Ich finde es abenteurlich zu behaupten, dass eine Küstenlinie, die aus drei langen geraden Linien besteht, als so gut getroffene Westküste Amerikas bezeichnet wird, dass man vermuten könnte, da gäbe es wohl noch unbekanntes Kartenmaterial als Vorlage.
    Zumal entlang dieser Küste terra incognita steht, woraus ich schließen würde, dass es noch nicht einmal als Küstenlinie gedacht war.
    Aber Danke für die interessanten Hintergründe der Entstehung der Karte!

  12. Oliver Elste

    Ich stehe gerade in der Kongressbibliothek vor der Waldseemüllerkarte und höre euren Podcast.
    Wirklich ein ganz besonderes Erlebnis! Danke dafür.
    Die Karte steht in einer Ecke der Bibliothek und wird leider von den meisten Besuchern ignoriert.
    Leider kann ich hier keine Bilder hochladen.

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